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Die St. Romanus-Kirche und ihre
Geschichte
Die erste urkundliche Erwähnung einer Kirche in
Hahausen stammt bereits aus dem Jahre 1209. Nach dem Gandenbriefe des
Papstes Innozenz vom 6 Juni 1209 gehörte nämlich dem Kloster Ringelheim
das ganze Dorf Hagehusen „cum ecclesia", also mit der Kirche, mit
Ausnahme einer Hufe. Auch die Tatsache, dass sich Bischof Konrad I. von
Hildesheim am 3. Dezember 1238 in Hahausen aufhielt, wo er einen Vertrag
bestätigte und ein großes Gefolge geistlicher und weltlicher Herren um
sich versammelte, setzt nicht nur das Vorhandensein eines großen Hofes,
sondern auch das einer Kirche voraus. Nach dem Bericht des Abtes Henrich
Wirschius blieb das Kloster Ringelheim bis zur Stiftsfehde (1519 bis
1523), als Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig Dorf und Kirche
hinnahm, im Besitz beider.
Das Patronat der Kirche, die zum Archidiakonat Seesen in der Diözöse
Hildesheim gehörte, wurde den Herren von Steinberg in Bornhausen
verliehen, die es bis in die Reformationszeit hinein behielten. Aus dem
Archidiakonats Verzeichnis aus dem 16. Jahrhundert 1)
ist jedenfalls zu ersehen, dass „die vom Steinberge" Patrone von
Bornhausen und Hahausen „in banno Seesen" mit 1/2 Ferto
Prokuraüon waren. Die geistliche Betreuung der Hahäuser Einwohner wurde
von Mönchen des Klosters Ringelheim wahrgenommen. Um 1500 war Hahausen
auch kirchlich mit Bornhausen verbunden.
Im Jahre 1542, bei der Einführung der Reformation im Herzogtum
Braunschweig durch den Schmalkaldischen Bund, heißt es: „Hahausen ist
mitsamt Urtzhausen (Ortshausen) als Filial von Jerst (Jerze)
bezeichnet." Die gleiche Nachricht liegt aus dem Jahre 1544 vor.
Wenn Pastor Gagelmann 1926 schreibt 2),
dass Jerze im Jahre 1548 in Heinrich Ufften den ersten evangelischen
Geistlichen erhielt", so muss diese Mitteilung stark angezweifelt
werden, denn seit Juli 1547, der Rückkehr des katholischen Herzogs
Heinrich in sein Land, erfolgte eine rücksichtslose Rekatholisierung und
alle Geistlichen wurden zwecks Ablegung eines katholischen Examens nach
Wolfenbüttel bestellt. Ein evangelischer Geistlicher in Jerze und
Hahausen im Jahre 1548 ist also undenkbar.
Im ältesten Erbregister von 1548 heißt es: „Die Kirche gehört denen
vom Steinberge", 1568 3)
ist vermerkt: „Die Kirche zu Hahausen hat keine Lenderey und gar keine
Einkunfft. Allein es hat ein Mann von Nauwen Härmen Illers genant 10 R
(Reichstaler?) darin gegeben." Die Kirche von Hahausen war und ist
dem Sankt Romanus geweiht 4).
1) Demnach bestand bereits im 12.
Jahrhundert eine Pfarrei Hahausen
2) (Gagelmann, W.): Heimatbuch der Pfarrgemeinde Lutter am Bbge.,
Lutter am Bbge. 1926, S. 32
3) St. A. Wob. 19 Alt 135
4) Michael Erbe (Studien zur Entwicklung des Niederkirchenwesens in
Ostsachsen vom 8. bis zum 12. Jahrhundert, 1969, in : „Veröffentlichungen
des Max-Planck-Instituts für Geschichte 26. Studien zur Germania sacra
9" S. 33 fr), hält es für wahrscheinlichen dem Romanus-Patrozinium
ausgehend, dass die Kirche zu Hahausen älter als die Vituskirche in
Seesen ist, deren Gründung im 9. Jahrhundert angenommen wird.
Chronik, Seite 116
Das Corpus bonorum der ev.-luth. Pfarrgemeinde Lutter am Barenberge sagt
hierüber: „Origo und Fundation der Kirche zu Hahausen sind unbekannt.
Aus ihren Umständen lässet sich muthmaßen, dass es zur Zeit des
Papst-thums eine Kapelle gewesen, so in die Ehre des heil. Romani
gestiftet worden, welchem vor vielen Jahren nach der Reformation sowohl
von Papisten als Lutheranern Opfer gebracht, welches auch bis dato noch
zuweilen, sonderlich zur Erhaltung der Kirche noch geschieht.
Im Jahre 1568 wurde die Reformation im Lande Braunschweig, diesmal
endgültig, wiedereingeführt. Seit dieser Zeit war Hahausen Filial von
Lutter, wohin es 1571/72 auch eingepfarrt wurde, da die Kirche wüst war.
Den Hahäusern scheint jedoch der weite Weg nach Lutter nicht so recht
gepasst zu haben, denn anscheinend haben sie ihre Kirche, wenn auch nur
notdürftig, wieder instand gesetzt. Damit war es dann jedoch im
Dreißigjährigen Krieg mal wieder vorbei; Plünderungen und
Zerstörungswut der Soldateska machten auch nicht vor Gotteshäusern halt,
die Bewohner des Dorfes wurden durch die Schlacht bei Lutter am Barenberge
in alle Himmelsrichtungen zerstreut und als dann etliche wieder
zurückkehrten, waren sie zu arm, wie ein zeitgenössischer Bericht sagt,
um ihre Kirche zu reparieren. Es konnte daher bei schlechtem Wetter oft
kein Gottesdienst gehalten werden.
Nach dem Ende des Krieges folgten ärmliche Zeiten, doch scheint sich die
Gemeinde im. Jahre 1684, zur Zeit der Regierung des tatkräftigen Herzogs
Rudolf August, von den Schrecken des Krieges erholt zu haben, denn in
diesem Jahre ließ man in der Reichsstadt Goslar einen 20,5 cm hohen
silbernen Abendmahlskelch mit rundem Fuß anfertigen. Der jetzt noch
vorhandene Kelch trägt folgende Inschrift: „Hermannus Fridericus Rath
P. L. H. .(Pastor zu Lutter und Hahausen) hat diesen Kelch von
christlichen Hertzen erbethen". Der Kelch zeigt das Goslarer
Beschauzeichen, einen Adler, und undeutlich). H. Obwohl es die Hahäuser
mit einem sehr baufälligen Kirchengebäude zu tun hatten, das ihnen immer
wieder, wie wir noch sehen werden, Kummer bereitete, lieh die Kirche, also
die Kirchengemeinde, dennoch Gelder an Gemeindemitglieder aus. Das können
wir u. a. aus einem Schreiben des Altaristen (Kirchenvorstandes) Marcus
Zufall, der von 1704 bis 1708 dies Amt versah, ersehen. Aus diesem
Schreiben geht nämlich hervor, dass Heinrich Homeister von 1699 bis 1704
Geld von der Kirche geborgt hatte.
Die noch vorhandenen Kirchenrechnungen vom Anfang des 18. Jahrhunderts
weisen jedoch auch aus, welche und wieviele Einnahmen die Kirche von den
Gemeindeniitgliedern hatte. Insbesondere die Frauen scheinen sehr
gebefreudig gewesen zu sein, denn 1705 werden Geldspenden von Jacob Illers
Frau, Bartold Kolthamers Frau, Andreas Müllers Frau u. a. aufgeführt,
1710 gab u. a. „Lowes Tochter von Nauen" eine Spende in die
Hahäuser Kirchenkasse. „Die Capelle oder Kirche zu Hahausen" hatte
1710 Einnahmen durch Hofzins von zehn Höfen 'i. Nichtsdestoweniger wurde
der bauliche Zustand der Kirche immer trostloser.
1) St. A. Wob. 8 Alt L
Chronik, Seite 117
Dies geht aus einem Schreiben vom 22. April 1739
1) an
das Konsistorium hervor. Es heißt dort: „Es ist schon einigen Jahren
her bey allen Kirchen Visitationen die Kirche in Hahausen in sehr
baufälligem und fast desolaten Zustand befunden" und weiter
"oben im Boden zum Theil von Fäulniß und Wurmstich gantz
angegangen, unten der Boden ist gantz heraus, und die Mauer hat etzliche
gefährliche Riße .. ., so dass der Einfall zu fürchten ist."
Man holte dann auch einen Kostenvoranschlag für die Reparatur der
Kirche ein, aus dem wir die Größe derselben ersehen können. Sie war „über
alles lang 62 Fuß" und 30 Fuß breit. Das entspricht einer Länge
von 17,70 m und einer Breite von 8,65 m 2).
Sicherlich kein imponierendes Bauwerk.
1744 wurde ein „Anschlag über die zu Hahausen neu zu erbauende
Kirche" eingeholt. Man beabsichtigte zunächst, die Kirche ganz aus
Holz, das die Kommunionforst liefern sollte, zu erbauen, kam jedoch nicht
zum Zuge. Auch nach dem Corpus bonorum war die Kirche in Hahausen um das
Jahr 1750 sehr baufällig, bis unter das Dach gemauert und trug .auf dem
Schieferdache einen kleinen Turm. Auf dem steinernen Altartisch stand ein
Schrein „von altem und faulem Holtze, hat zwei Flügel mit Wirtelhespen.
In demselben stehen allerlei höltzerne Bilder, so mit echtem Goldschaum
überzogen." Auch war ein Taufengel da.
Es fällt auf, dass in der Dorfbeschreibung von 1756 3)
von einem Kirchturm, der an der Westseite der Kirche stand, gesprochen
wird, während das Corpus bonorum von einem kleinen Turm auf dem
Schieferdache der Kirche, also einem Dachreiter, erzählt.
Aus der Dorfbeschreibung erfahren wir auch: „Patron der Kirche ist
der Hertzog". Die Kirche hatte jedoch an Jura und Gerechtigkeiten,
Länderey, Wiesen, Garten, Holtzung: Nichts".
Imjahre 1757 stiftete eine Hahäuser Einwohnerin „Catharina
Margareta Cassebaums" der Kirche ein zinnernes Taufbecken. Es zeigt
als Stempel eine Flügelfigur mit undeutlichem Schriftband.
Wenn auch die Dorfbeschreibung das Kapitel „Ausgeliehene Capitalien"
unbeantwortet lässt, so wissen wir doch von einer Aufstellung der
Kirchenkapitalien vom Jahre 1767 4),
dass solche erfolgt sind. Eine „Akte betr. die von den Kirchen in
Lutter am Bbge., Hahausen, und Haringen (Ostharingen) an die Cämmerey zu
Holzminden verliehenen Capitalien ä 500 rthl. überhaupt" 5)
berichtet von einer Ausleihe in den Jahren 1766 bis 1785. Daraus
ergab sich eine Klage, welche die drei Kirchen gegen die „Stadt
Cämmerey" Holzminden führten. General-Superintendent Bege in Seesen
hatte mit der Wahrnehmung dieser Klage seinen Schwager Gesenius in
Wolfenbüttel beauftragt, wie aus einem Schreiben desselben vom 14.
November 1777 hervorgeht.
1) St. A. Wob. 8 Alt Lu
357
2) Die
braunschweigischen Längenmaße waren: l Rute zu 16 Fuß = 4,566 m
3) Siehe S. 75
4) St. A. Wob. 8 Alt Lu 387
5) St. A. Wob. 8 Alt Lu 386
Chronik, Seite 118
Da die Kirche immer baufälliger wurde und die
verschiedenen Kostenvoranschläge für die Reparatur oder den Neubau
derselben nicht realisiert werder konnten, wurden die Hahäuser im Jahre
1783 in dieser Angelegenheit wieder aktiv.
In einer wunderbar gestochenen Schrift, für die Johann Friedrich Ernst,
der vor 1772 bis 1804 Opferrnann und Schullehrer in Hahausen war,
verantwortlicr zeichnet, wurde am 16. Januar 1783 ein Schreiben l! an
das Konsistorium ver fasst, in dem „die Gemeinde Hahausen unterthänigst
um Erbauung einer neuer Kirche" nachsucht. Es heißt darin, daß die
Kirche „in einen solchen schlechter Baufälligen Verfall gekomen ist, dass
wir fast ohnmöglich länger unseren Gottes Dienst, noch mit Versicherung
unseres Lebens darinnen verrichten können. Denn der ganze Boden und die
Balken sind durch die immerwährende Nässe, dermaßsen angefaulet, dass
schon ganze große Stücke von den Boden und Balker herunter gefallen, und
etliche Ständte dadurch entzwey geschlagen worden sind so dass sie auch
täglich droht, zusammenzufallen. Wie dieses der Opfermann mi nicht
geringen Schmerzen, vergangenen Herbst erfahren, als er im Durchgeher von
einem Stück des Bodens dergestalt getroffen worden, daß er 14 Tage
seiner Kopf hat müssen verbinden lassen. Das Dach ist zwar noch immer in
de Reparatur erhalten, und die -Kosten davor ausgegeben, allein, durch die
Fäulunj des Holzes will kein Nagel mehr halten, sondern regnet ein wie
allemal de maassen durch und durch, dass man sich fast nicht ohne die
Schuhe voll zu füllen hineinwagen darf."
Nach dieser Schilderung des Zustands der Kirche wird dann noch
einmal „unse demüthigstes flehentliches Bitten" vorgebracht „in
der zuversichtlichen Hoff nung gnädigster Erhörung und Devotion".
Das Schreiben des Opfermannes Ernst erfolgte für Christian Schladebusch
um Joh. Heinrich Sandvoß, Altaristen, und Christian Ziegenbein und
Christ. Kalthamrner, Bauermeister, im Namen der ganzen Gemeinde. Das
herzogliche Konsistorium konnte sich, nach mehreren Anmahnungen, jetzt
wohl nicht mehr der Bitte der Gemeinde verschließen. Doch zunächst ging
es um die Finanzierung des Neubaus. Nach vielem Hin und Her sollte das
Fürst liehe Leihhaus in Braunschweig das Kapital vorschießen. Am 12.
September 1793 wurde der Hofbaumeister Langwagen (er selbst schrieb sich
Lang-Wagen) „committirt", mit dem Fürstl. Amte und Pastor
Grotrianwege: des Neubaus der Kirche Rücksprache zu nehmen. Der
Kostenvoranschlag von Langwagen belief sich auf 1656 Taler, 77 mg., 4 eh.
Insgesamt sollten 1750 Taler verbaut werden. Davon sollte die Hahäuser
Kirch 428 Taler aufbringen, die restlichen Kosten sollten auf verschiedene
Kirchen in Lande Braunschweig umgelegt werden.
Die neue Kirche wurde daraufhin bis zum Jahre 1794 fertig gestellt. An der
Stirnseite des Neubaus, über dem Eingangsportal hinter dem Altar, brachte
man ein Gedenktafel mit folgender Inschrift an:
1) St. A. Wob. 8 Alt Lu 243, Band II
Chronik, Seite 119
Hier hatte vormals dem Roman(u)
die Einfalt Weihrauch hingestreuet
ein neuer Tempel wird von uns der Ehre Gottes geweihet
zu Gottesfurcht zur Uebung jeder Tugendpflicht
entziehe Herr der Welt uns deinen Segen nicht. 1794 |
Nun war endlich die neue Kirche fertig, nachdem man sich
Jahrhundertelang mit der baufälligen alten herumgeärgert hatte. Aber ein
neues Problem kam auf die Gemeinde zu, nämlich die Verteilung der
Kirchenplätze. Es wurde daher 1795 beschlossen:
- Diejenigen, die einmal (d. h. in der alten Kirche) im
Besitz der Stellen auf dem Chore gewesen sind, ihre Stellen nach der
vorigen Ordnung behalten, die noch übrigen Stellen aber soweit auf
dem Chore als auf den neuen Priechen nach dem Alter der Höfe
ausgetheilt werden, dass
- die sämtlichen Frauens Stühle nach der vorigen und
bisherigen Ordnung wiederum zu vertheilen sind
- den zeitigen Bauermeistern wegen der bey dem Bau
übernommenen Bemühungen gute Stellen auf dem Chore bestimmt werden.
Um ja nichts falsch zu machen, wurde sowohl eine
Aufstellung „Wie die Stände in der alten Kirche auf einander
gefolgt" wie auch ein Plan der Sitzordnung in der neuen Kirche
angefertigt. Es gab 6 Frauenstände, die 14 Großköter hatten jeweils 3
Stände, ferner gab es Stände für "Häußlinge", die Schule,
den Dorfkrüger, für den Neuen Krug, den Forstschreiber sowie den Kuh-
und Schweinehirten 1J. Dem Neubau der Kirche folgten die Wirren der
Freiheitskriege, wiederum mit unsäglichen Belastungen.
Wenn die Hahäuser zunächst der Meinung waren, dass sie der Neubau
der Kirche vorerst einmal vor den ständigen Ausgaben für Reparaturen,
wie sie bei der alten Kirche erforderlich waren, bewahren würde, so wurde
diese Hoffnung schon nach wenigen Jahrzehnten wieder zunichte gemacht.
Bereits 1827 wurde vom Konsistorium eine Reparatur am Dach der Kirche und
am Kirchturm genehmigt, 1834 musste die Kirchenuhr von dem Uhrmacher Weule
zu Altwallmoden repariert werden und 1845 erfolgte eine Reparatur am
Kirchturm.
Doch scheint das alles nur Stückwerk gewesen zu sein, da bereits 1848 ein
„Kostenvoranschlag über die nöthigen Reparaturen an der Kirche zu
Hahau-sen 2) von dem Maurermeister E. Lerche eingeholt wurde. Er
belief sich auf 251 Taler, 5 Groschen und 9 Pfennige. Doch auch der
Tischlermeister Ernst reichte ein Angebot für Tischlerarbeiten ein, das
sich auf 102 Taler, 7 Groschen und 4 Pfennig belief. Ferner waren
Schlosserarbeiten erforderlich. Am 17. 11. 1848 sah sich daher die
Gemeinde gezwungen, in einem Schreiben an das Herzogliche Konsistorium um
ein Darlehn von 400 Talern für die Kirche zu bitten. Es heißt darin u.
a.: „Die Kirche befindet sich leider in einem sehr schlechten Zustand
und bedarf der dringenden Reparatur . .. sonst muss der
Gottesdienst eingestellt werden.
1) St. A. Wob. 8 Alt Lu
367
2} St. A. Wob. 129 Neu 73, Nr. 133
Chronik, Seite 120
St.- Romanus-Kirche
Altar in der St.- Romanus-Kirche
Chronik, Seite 121
Ferner; „wegen der Fehler, die beim
Neubau im vorigen Jahrhundert gemacht wurden, ist sie in hohem Grade
baufällig." Weiter kann man lesen: „Auch die Orgel ist in
schlechter Beschaffenheit, dass sie überhaupt nicht mehr repariert werden
kann und durch eine neue ersetzt werden muss." „Die hiesige
Gemeinde hat sich entschlossen, aus eigenen Mitteln eine neue Orgel
anzuschaffen und will 500 Taler aufbringen. Es ist das aber auch alles,
was die Kräfte ihrer Mitglieder irgend verstatten. Die hiesige Gemeinde
gehört bekanntlich zu den ärmsten des hiesigen Landes." Das
Schreiben ist von dem Ortsvorsteher Rudolf Kappey unterzeichnet.
Es dauerte dann aber immer noch fast 2 Jahre, bis am 11. März 1850 in der
„Böhmischen Gastwirtschaft" ein Protokoll wegen der
Kirchenreparatur unterzeichnet werden konnte. Für die Gemeinde Hahausen
unterschrieben der Ortsvorsteher Kappey und die Ortsgeschworenen Pümpel,
Kelp und Kalthammer und „in fidem" der Justizamtmann Steinacker. Am
15. April 1850 wurde dann endlich die Genehmigung zur Reparatur der Kirche
erteilt, die dann auch durchgeführt wurde. Die Orgel sollte zunächst von
dem Organisten Strube in Wolfenbüttel begutachtet werden.
Am 9. Februar 1856 schrieb der Ober-Gerichtsadvocat Stegemann zu
Gandersheim an die Herzogliche Kreis-Direktion '': „Vom Herzoglichen
Consistorium bin ich beauftragt, die Ansprüche der Schule und Opferei in
Hahausen auf Entrichtung einer jährlichen Kornpräsentation von
je'AHimten Roggen gegen die Anbauer Pilster, Gläsener, Böse,
Schwekendieck, Rühmann, Düerkop, Ziegenbein, Hoffmeister, Hornann,
Ahrens, Kalbreyer und Taufall Gerichtlich geltend zu machen und hat mich
der zeitige Opfermann Schullehrer Cantor Propst daselbst, von welchem ich
die erforderlichen Instructionen einzuholen habe, benachrichtigt, dass
entweder gegen die genannten Anbauer oder doch gegen Einige derselben
schon früher wegen der fraglichen Präsentation Gerichtliche Klage
geführt sei . . ."
Am 25. März 1857 machte der Cantor Propst seinen Anspruch auf die „an
die Opferei zu entrichtenden Ostereier" geltend. Schule und Opferei
(Kirchendienst) waren um die Zeit noch miteinander verbunden und wurden
erst später voneinander getrennt.
1858 hatte die Gemeinde Streit mit ihrem Prediger, wie eine „Acta den
Transport des Predigers zu Lutter a. Bbge. nach Hahausen betr."
aussagt. Der Ortsvorsteher Kappey empfahl dem Pastor, der mit einem Wagen
abgeholt werden wollte, die Eisenbahn zu benutzen 2).
1892 war das Kirchendach wiederum sehr schadhaft, wie aus einem Schreiben
des Gemeindevorstehers Kappey „An die Hohe Herzogliche Kreisdirektion in
Gandersheirn" hervorgeht. Kappey schreibt, dass die Gemeinde durch
Anschaffung eines neuen Totenwagens und die Anlegung des Telefons nach
Lutter Kosten gehabt hat. „Dabei muss sie neben zwei Lehrern noch einen
Kantor emer. mit 1650 M Pension besolden." Weiter heißt es: „Da
unsere Uhr, welche die hiesige Gemeinde vor 180 Jahren von der Kirche zu
Lutter zum Geschenk er-
1) St. A. Wob. 129 Neu 72, Nr. 105
2) St. A. Wob. 129 Neu 21, Nr. 52
Chronik,
Seite 122
halten hat, nun vollständig unbrauchbar geworden
ist" bittet man um finanzielle Unterstützung zur Anschaffung einer
neuen. Am 27. August 1892 erhielt die Kirchengemeinde Hahausen dann auch
einen Zuschuss von 300 Mark zur Neuanschaffung einer Turmuhr vom
Staatsministerium in Braunschweig. Am 26. April 1906 wurde das Dorf
während der Nacht von einem Gewitter überrascht. Es war eine halbe
Stunde vor Mitternacht. Plötzlich durchzuckte ein greller Blitz das
nächtliche Dunkel. Der feurige Strahl fuhr in den Turm des Gotteshauses,
sprang von dort in das Innere des Kirchenschiffes, riss die Orgelpfeifen
auseinander, zersprengte die Decke, die fingerbreite Risse zeigte und
verlief sich unterirdisch bis in den angrenzenden Hof.
Erstaunt über das Gepolter in der nähen Kirche fuhren die Bewohner der
umliegenden Höfe aus dem Schlaf empor. Am nächsten Morgen ging es wie
ein Lauffeuer durchs Dorf: „Dei Blitz hett in üse Kerke inneschlahn!"
Alles rannte zum Gotteshause, um den Schaden zu besehen, denn zu seltsam
war der kalte Blitzschlag aus nächtlichem Himmel.
Für die Kinder des Dorfes war es ein besonderer Spaß, mit den im
Kircheninnern verstreut herumliegenden Orgelpfeifen im Dorfe
herumzulaufen. Ein Fotograf war auch gleich zur Stelle, der das Bild der
Zerstörung für die Nachwelt auf eine Zelluioidplatte bannte.
Dann trat der Kirchenvorstand zusammen und beriet über die Ausbesserung
der Schäden. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 9.756 M 40 Pfennige.
Die Brandversicherung zahlte 4.972 M 6 Pfennige, 1000 Mark erhielt die
Gemeinde vom Herzoglichen Staatsministerium, den Rest musste sie selbst
aufbringen. Gleichzeitig wurde ein Blitzableiter angebracht.
Zum Erntedankfest 1906 wurde der erste Gottesdienst wieder im schmuck
hergerichteten Kirchlein abgehalten. Die neue Orgel erfüllte die Kirche
zum ersten mal mit ihrem Brausen, und jubelnd ertönte der Dankchoral der
Gemeinde.
Im Kirchturm wurde bis in die Zeit vor dem ersten Weltkrieg die
73 cm hohe und 28 cm breite romanische Eichenholzfigur ihres
Namenspatrons, des heiligen Romanus, aufbewahrt. Es soll ein Dutzend
Heilige gegeben haben, die den Namen Romanus führten. „Unser"
Romanus jedoch war ein Märtyrer. Er lebte in Rom als Soldat und war
dabei, als der Diakan Laurentius den Märtyrertod fand - auf einem Rost
gebraten. Romanus war so von dem mutigen Sterben des Laurentius
beeindruckt, dass er sich zum Christentum bekehrte. Er sollte auch Diakon
werden und hatte bereits die Weihe eines Türhüters erhalten, als er
wegen seines Bekennermutes enthauptet wurde. Das soll im Jahre 258 gewesen
sein. Das Fest Romanus wird am 9. August gefeiert. Nach einer alten
Überlieferung wurde Romanus in den römischen Katakomben beigesetzt.
Die
Figur des Romanus wurde von einem unbekannten Künstler etwa um die Mitte
des 13. Jahrhunderts geschaffen. Er stellte den Heiligen als das dar, was
er war, als Krieger oder als Soldaten, zwar nicht als römischen, sondern
in der zeitgenössischen Tracht der ausgehenden Romanik, mit einem weiten,
geschürzten und daher nicht ganz bis auf die Knie reichenden Gewand,
darüber einen nach rückwärts geschlagenen Mantel, in der Linken das
Schwert haltend und mit bärtigem und barhäuptigen Kopfe.
Chronik,
Seite 123
Um 1910 wies die Figur,
die nahezu sieben Jahrhunderte in der kleinen Dorfkirche am Harz
überstanden hatte, nur noch spärliche Farbreste auf, auch fehlten ihr
bereits die Füße. Es wurde jetzt auch höchste Zeit, dass sie ins „Vaterländische
Museum" in Braunschweig übergeführt wurde, denn die Dorfjugend
vergnügte sich recht respektlos mit der uralten Plastik, genauso wie mit
den zahlreichen Säbeln, Spießen und anderen Waffen aus der Schlacht bei
Lutter am Barenberge, die gemeinsam mit der Heiligenfigur im Kirchturm
aufbewahrt wurden.
Unbeschädigt im 1. und 2. Weltkrieg und in den turbulenten
Nachkriegsjahren, überdauerte „üse Romanus" nahezu 6 Jahrzehnte
im Museum in Braunschweig bis zum 19. Oktober 1970, als es einem
Einbrecher gelang, die Figur zu entwenden. Doch noch im gleichen Monat
konnte die damals auf 35.000.— DM geschätzte Plastik bei einem 18 Jahre
alten Arbeiter sichergestellt werden, der sie bereits mit anderem
Diebesgut verpackt und mit der Adresse eines Antiquitätenhändlers
versehen hatte. Wer nun angenommen hätte, dass das „Braunschweigische
Landesmuseum für Geschichte und Volkstum", wie das frühere „Vaterländische
Museum" jetzt genannt wird, durch Schaden klug geworden wäre, der
hatte sich geirrt. Anscheinend wurden wiederum nur ungenügende
Sicherheitsmaßnahmen - Anstellung eines Nachtwächters - ergriffen, denn
wie wäre es sonst möglich gewesen, dass „der Romanus" zusammen
mit zwei anderen Heiligenfiguren im März 1973 erneut aus dem Museum
entwendet werden konnte. Nach Auskunft des Landesmuseums konnte die Figur
bisher nicht wieder ermittelt werden.
1910 befanden sich in der Kirche außer dem bereits genannten Kelch und
dem Taufbecken noch zwei Zinnleuchter in Säulenform, 21,5 cm hoch,
Stempel mit Flügelfigur und Zeichen J.G.K. sowie zwei Henkelvasen aus
Zinn, 25,5 cm hoch.
Von 1906 bis 1916 befand sich in Hahausen eine Hilfspredigerstelle. Nach
dem 1. Weltkrieg erfolgte die Trennung von Staat und Kirche - der Herzog
war bis dahin zugleich Oberhaupt der Landeskirche - und damit entfiel auch
die bisher von den Pfarrern ausgeübte Schulaufsicht. Gleichfalls nach dem
1. Weltkrieg wurde bei der Kirche ein Kriegerehrenmal errichtet. In den
Jahren nach dein 2. Weltkrieg wurden in der Hahäuser Kirche, nach 377
Jahren, auch wieder katholische Gottesdienste abgehalten.
Im Jahre 1951 wurde die seit 1568 bestehende Zugehörigkeit der Hahäuser
Kirche zur Pfarrgemeinde Lutter am Barenberge gelöst und seither bilden
Hahausen und Nauen eine eigene Kirchengemeinde. Das Pfarramt und der
Pfarrer haben ihren Sitz in Hahausen, für welche Zwecke später ein Haus
als Pfarrhaus erworben wurde. Dabei wurden noch später
Gemeinschaftsräume errichtet. 1954 und 1957 wurde das Gotteshaus wiederum
ausgebessert, diesmal jedoch ohne irgendwelche Zuschüsse. Der Maler gab
dem Innern das helle, freundliche Aussehen, das wir heute bewundern
dürfen. Die Orgel erhielt ein elektrisches Gebläse
Chronik,
Seite 124
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