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Die Barttlingcks
200 Jahre lang gab es in Hahausen eine Familie, die
für das Dorf von besonderer Bedeutung war: Die Barttlingcks 1).
Es handelt sich hier um eine Familie von Forstbeamten, die ursprünglich
aus dem Solling stammte, jedoch bereits um 1676/78 nach Hahausen kam.
Der erste Barttlingck in Hahausen war Hans Heinrich, der noch im
Solling geboren war, aber bereits 1668 als Reitender Förster in
Münchehof nachweisbar ist. Einige Jahre später wurde er nach Hahausen
versetzt, wo er das in den Jahren 1676 bis 1678 im Renaissancestil erbaute
Haus des Försters 2), den jetzigen Hof Prien, bezog.
Die Anlage eines Forsthofes in dem abseits eines zentralen Ortes gelegenen
Hahausen war deshalb gewählt worden, weil es für das zu verwaltende
Gebiet, welches vom Westerberg bis in den Harz und von der Braunen Heide
bis zum „Tüttel" reichte, zentraler liegt als der Amtsort Lutter 3).
Im Staatsarchiv Wolfenbüttel befindet sich jedoch eine Akte 4),
die ein erstes undatiertes, doch wohl aus den sechziger Jahren des 17.
Jahrhunderts stammendes Blatt enthält, das unter den Hahäuser
Viehhaltern auch den „Hagen Reiter" Bartlinck erwähnt. Es ist
daher durchaus denkbar, daß derselbe schon früher neben Münchehof auch
den Forst Hahausen betreute, zumal die Barttlincks 1756 5) auch
als Besitzer eines Vollkothofes in Hahausen (Nr. 18) erwähnt werden. Wie
dem auch sei, jedenfalls saß Hans Heinrich Barttlingck im Jahre 1678 auf
dem soeben fertig gestellten Forsthof, dem dann auch eine gerodete
Wald-flache von 5 Hektar als Erbenzinsland zugewiesen wurde 6).
Auf Veranlassung von Barttlingck wurde im Jahre 1685 „vor dem Dorfe
Hahausen" ein sogenannter Wolfsgarten angelegt, für dessen
Errichtung die Hahäuser Bauern Abgaben leisten mussten 7).
1691 wurde Barttlingck zum Hofjäger und Wildmeister am Harz ernannt und
1697 zum Oberförster des Weserdistrikts. Er behielt jedoch seinen
Wohnsitz in Hahausen, wo er am 5. Juli 1706 starb. Ihm wurden 9 Kinder
geboren, davon 6 in Hahausen.
Zwei der Söhne waren wiederum im Forstdienst in und bei Hahausen tätig.
Johann Heinrich, am 8. April 1673 in Münchehof geboren, folgte seinem
Vater im Amt in Hahausen, wurde nach dessen Tode 1706 Wildmeister und 1724
Oberförster. Er starb am 8. April 1744 in Hahausen.
1) Bernhard, Friedrich Gustav: Die
Urgroßeltern Wilhelm Barttlingck und Mathilde Rake-brand und ihre
Familien. Maschinenschriftlich, vervielfältigt.
2) Schreiben des Herzogs Rudolf August vom 14. Nov. 1676: „Demnach wir
gnädigst entschlossen und Verordnet, daß für unsere jedesmahligen
Förster Zu Hahausen seiner Bewohnung daselbst, ein Hauß gebauet werden
soll..." St. A. Wob. 8 Alt Se 13 Nr. 4
3) Rippel: Kulturlandschaft, S. 127
4) St. A. Wob. 8 Alt Lu 144
5) St. A. Wob. 20 Alt 163
6) St.A.Wob.AmtSeesenGr.l3Nr.4
7) St. A. Wob. 8 Alt Lu 244 (1677-1689)
Chronik, Seite 164
Ein weiterer Sohn des Hans Heinrich, Christian
Friedrich, starb, anscheinend unverheiratet und kinderlos, am 2. September
1748 als Jagdzeugmeister und Grenzschütze zur Kalten Birke" und
wurde auf dem Friedhof in Hahausen beigesetzt.
Carl Friedrich Barttlingck, geboren am 12. März 1716 in Hahausen, wurde
Nachfolger seines Vaters Johann Heinrich, als er 28 Jahre alt war, zuerst
1744 als Reitender Förster, dann als Wildmeister und schließlich als
Oberförster. Da nach der Barttlingckschen Familienchronik einer der
Braunschweiger Herzöge, vermutlich Carl L, der von 1735 bis 1780
regierte, einem der Barttlingcks den Forsthof mit allem Inventar geschenkt
hat, dürfte Carl Friedrich dieser Glückliche gewesen sein.
In der Dorfbeschreibung vom Jahre 1756 wird „Herr Wildmeister"
Bartlingk sowohl als Vollkoether Nr. 18 „alter Krug" (der Hof lag
zwischen den Höfen 17 und 19 etwa auf dem Grundstück des jetzigen
Kaufhauses Hoffmeister) wie auch als Brinksitzer Nr. 20 (jetziger Hof
Prien) erwähnt. Die Schenkung muss also bereits vor 1756 erfolgt sein.
Carl Friedrich starb am 26. Februar 1784 in Hahausen.
Der letzte im Forstdienst tätige Barttlingck war Friedrich Rudolf,
geboren am 29. Januar 1758 in Hahausen, der seinem Vater 1784 im Amte
folgte. Er war Wildmeister und Oberförster. Am 30. Oktober 1829, anlässlich
seines 50jährigen Dienstjubiläums, wurde er von Herzog Carl II. zum
Forstrat ernannt. Die Feier wurde am 8. November 1829 in Hahausen festlich
begangen. Dabei gab es auch gedruckte Gedichte, von denen zwei erhalten
sind wie auch das Patent und das dazugehörige Anschreiben. Unter den
Geschenken befand sich ein großer silberner Pokal mit Deckel, darauf ein
ruhender Hirsch. Dieser Pokal ist den Bombenangriffen im Kriege zum Opfer
gefallen.
Feste konnte man in Hahausen getrost feiern, da im Obergeschoß des
Forsthauses die Wände von 3 Zimmern zusammengefaltet werden konnten,
wodurch ein großer Festsaal entstand.
Dazu muss bemerkt werden, dass Hahausen forstwirtschaftlich eine besonders
bevorzugte Stelle einnahm, denn mit Hahausen war eine Forstschule
verbunden. Die Dynastie der Barttlingcks herrschte jedoch nicht
unangefochten. Auch andere Forstbeamte wollten die begehrte Stelle haben,
in der vier Barttlingck-Generatio nen aufeinander gefolgt waren. So gab es
auch so etwas wie eine Revolte gegen die Barttlingcks am Herzogshof in
Braunschweig.
Der Försterhof in Hahausen war der Mittelpunkt der weit verzweigten
Familie, die den braunschweigischen Forsten auch außerhalb Hahausens noch
mehrere Beamte stellte, so in Braunlage, Harzburg, Stadtoldendorf und
Wolfshagen. Manch einer dieser Barttlingcks zog sich nach seiner
Pensionierung nach Hahausen zurück, so der ehemalige Reitende Förster
„auf dem Ahrendsberge" Rudolph Engelhard Barttlingck, der 1835 in
Neuekrug 92jährig ohne Leibeserben starb. Auch der Forstrat Friedrich
Rudolf Barttlingck war unverheiratet, hatte jedoch mit einer Christine
Rusche aus Seesen zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, die er beide
legitimierte. Sein Nachfolger, zwar nicht im Försteramt, jedoch als
Besitzer des inzwischen
Chronik, Seite 165
zum Schriftsassengut umgewandelten
Försterhofes in Hahausen wurde der Ober-Gerichts-Advokat und Notar August
Friedrich Wilhelm Barttlingck, eben der am 7. August 1804 in Hahausen
geborene Sohn der Christine Rusche. Barttlingck hatte jedoch keine Neigung
zur Landwirtschaft und so wurde dieselbe im Jahre 1833 so gut wie
aufgelöst.
So konnte man in den Braunschweigischen Anzeigen vom November 1833 lesen:
„Auf den Antrag des Herrn Notars Barttlingck zu Seesen sollen auf dessen
zu Hahausen bei. Hofe am 26. d. Mts. Morgens 9 Uhr, und die folgenden Tage
Pferde, Kühe, Schweine, Ackergerätschaften aller Art... öffentlich an
den Meistbietenden verkauft werden." Unter dem 8. 2.1834 wurde dann
auch ein Pächter für den Hof gesucht.
Nichtsdestoweniger hat sich Barttlingck in den Jahren 1848 bis 1867
ausgiebig mit der Gemeinde Hahausen, die meist von dem Gemeindevorsteher
Pümpel vertreten wurde, wegen der Auflassung bzw. Ausbesserung von Wegen
herumgestritten. Er erscheint in den Akten " entweder als Notar oder
als Gutspächter.
Obwohl die Barttlingcks sehr wohlhabend waren und Wilhelm Barttlingck
außerdem noch enorme Einnahmen durch den Verkauf seines
Bergwerkseigentums an die Neu-Mansfelder Gesellschaft hatte, ging es mit
dem Besitz immer mehr bergab. Dies ist vor allem auf die
Verschwendungssucht seiner Ehefrau Mathilde, geborene Rakebrand (1810 -
1881), zurückzuführen. Von ihr heißt es in der Barttlingckschen
Chronik: „Sie war hochmütig und verschwenderisch. Wenn das Geld nicht
reichte, wurde eben ein Stück Vieh, ein Acker, eine Wiese in Hahausen
verkauft." Wilhelm Barttlingck starb am 19. Juni 1877 in Hahausen,
der Hof war jedoch bereits vorher, und zwar durch Kaufkontrakt vom 27.
Juni 1869, verkauft worden. Aus der Ehe waren 5 Kinder, 2 Söhne und 3
Töchter hervorgegangen.
Zwischenzeitlich hatte der älteste Sohn Rudolph, geboren am 5. 7. 1841 in
Hahausen, von Beruf Landwirt, versucht, den Besitz zu halten. Dies war
jedoch ein unmögliches Unterfangen, und so sagte der spätere Besitzer:
„Die Frau (also die Mutter von Rudolph) hatte den Besitz verfestet,
verpraßt und verspielt." Rudolph Barttlingck hatte sich am 26.
7.1866 verheiratet und wanderte Anfang der siebziger Jahre nach Amerika
aus, wo seine Ehe geschieden wurde. Er war dort als Redakteur an
verschiedenen Zeitungen tätig, zuletzt beim „Ohio-Expreß". Er
starb am 30. 7. 1892. Auch dessen Bruder Alexander wanderte nach Amerika
aus. Nachkommen desselben leben noch heute in den USA. Wäre noch daran zu
erinnern, daß der alte Försterhof auch jetzt wieder die Staatliche
Revierförsterei Hahausen beherbergt.
1) St. A. Wob. 129 Neu 52 Nr. 24 und 129 Neu 51 Nr.
132 166
Chronik, Seite 166
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