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Hahausen vor, während und nach dem Dreißigjährigen Kriege
Die etwas umständliche Überschrift dieses Kapitels soll deutlich machen,
welch´ überragende Bedeutung der Dreißigjährige Krieg für unser Dorf hatte. das gesamte 17. Jahrhundert war
von den Ereignissen, die zu diesem Kriege führten, von den dreißig schrecklichen Jahren von 1618 bis 1648, in denen dieser
Krieg tobte und den ärmlichen Jahrzehnten danach, in denen unser Land auch nicht zur Ruhe kam, bestimmt. Hahausen hat besonders
hart unter dem Wüten der kriegerischen Scharen aus fast allen europäischen Nationen gelitten.
Am 06. Mai 1605 war bereits ein Herzoglicher Erlass für die Sammlung einer Kontribution zur
Aufstellung und Unterhaltung
eines Heeres von 16.000 Mann ergangen. Der Teil des Herzogtums westlich des Harzes stellte das
so genannte "grüne Regiment" unter
Oberstleutnant Hans Statius, das sich am 14. Oktober 1605 in und um Seesen versammelte.
Zwei Tage später versuchte Herzog Heinrich Julius, seine widerspenstige Stadt Braunschweig im Sturm zu nehmen. Der Versuch scheiterte
jedoch.
Das grüne Regiment war als allerletztes vor Braunschweig angelangt, erst am 17. Oktober, wurde aber bei der anschließenden
Belagerung der Stadt eingesetzt, die bis zum 30. Januar 1606 dauerte und mit einem Waffenstillstand endete.
Das grüne Regiment durfte abziehen, wurde aber vom 06. April bis zum 27. Mai 1606 noch einmal zur Verteidigung und zum Schanzenbau
vor Wolfenbüttel eingesetzt (1).
Am 04. März 1607 tagte der Landtag, die Vertretung der Stände, zum
ersten mal in Seesen. Der dort beschlossene Landtagsabschied
legte ein Drittel der so genannten "Hufenschatzung", die seit 1524 von den
Gutsherren allein getragen worden war, auf die Bauern um.
Die Steuern wurden erhöht, da 100.000 Reichstaler aufzubringen waren. Die Kotsassen (nur diese gab es in Hahausen) mussten dazu
jeweils 12 Groschen aufbringen. Laut erklang der allgemeine Wunsch nach Frieden. So forderten die "Unternehmen", die fremden Offiziere
aus den Dörfern zu schaffen.
Ende Mai 1609 wurde in Seesen die weitere Aufrüstung beschlossen.
Jeder Landdrost und Oberamtmann musste Verzeichnisse aller Untertanen
gen Hofe schikken. In Notfällen sollte der 10., 5, oder 3. Mann angefordert werden.
Im Jahre 1609 war die Pest in Niedersachsen ausgebrochen, sie forderte
allein in Hildesheim 2300 Opfer, am 25. Oktober 1611 klagte der Rat zu
Seesen "dass die Pest allhier zu grassieren angefangen". Um 1612
war das Land Braunschweig, wo man sonst sicher blankes Geld über alle Straßen
tragen konnte, eine rechte Mord- und Räubergrube. Weitere Angriffe der herzoglichen Truppen
auf die Stadt Braunschweig waren 1615 und 1616 wiederum ergebnislos verlaufen. Die Schulden, die
Herzog Heinrich Julius hinterlassen hatte, stiegen ins
Unermessliche, als der Fürst im Jahre 1616 den charakterlosen Anton von Streithorst zum
Statthalter bestellte, der mit vier Gesinnungsgenossen, die er zu Landdrosten ernannte, eine
Beispiellose Misswirtschaft führte.
(1) Roth, Otto: Die Entwicklung Seesens von den Anfängen bis zum Dreißigjährigen Kriege.
In:"1000 Jahre Seesen" Seesen 1974, S. 83, Anmerkung 125
Chronik, Seite 51
Er ließ die vollwertigsten
Silbergroschen einziehen und in 32 Münzstätten, darunter in Seesen, minderwertiges
Geld prägen oder die Münzen beschneiden (1). Diese "Kipper- und
Wipperzeit" war die erste große Inflation Deutschlands mit all´ ihren schädigenden Folgen.
Im Jahre 1618 brach nach dem Prager Fenstersturz der Dreißigjährige Krieg aus.
Die Unsicherheit im Lande wurde groß und immer größer. Unser Dorf
wurde bereits in den ersten Jahren des Krieges von militärischen Ereignissen berührt.
Einquartierungen erfolgten im Jahre 1623, als Christian von Halberstadt sein Winterquartier in
Seesen und Umgebung bezog. Auch nahm das Räuberunwesen im Lande ständig zu. So kam
am 06. Mai 1624 ein Kaufmann aus Hildesheim zum Guts- und Gerichtsherrn
von Kirchberg und klagte:" Ich bin auf der Braunen Heide zwischen
Mahlum und Hahausen von vier Strolchen (drei Reiter und ein Jugendlicher,
der zu Fuß war) überfallen worden. Sie haben meine Taschen
durchsucht und Leinwand, Strümpfe und Handschuhe gestohlen. Dann haben sie meine lange
Büchse entwendet, mich jämmerlich geschlagen und mich vertrieben".
Die Gauner konnten, nachdem sie auch einen Bauern aus Seesen ein Pferd
gestohlen hatten, im Kirchberger Kruge festgenommen werden (2).
Im Jahre 1625 führte Graf Wolf von Mansfeld, kaiserlicher General, 3000 Mann
Infanterie über Göttingen nach Lüneburg. Dabei wurde auch unsere Gegend ausgeplündert.
Vom Spätsommer des Jahres 1625 an waren der Ambergau und das Harzvorland allem möglichen
Drangsalierungen von durchziehenden oder einquartierten Truppen ausgesetzt.
Das, was unsere Vorfahren damals schon, vor der Schlacht bei Lutter am
Barenberge, die ja überwiegend auf der Hahäuser Feldmark geschlagen wurde, auszuhalten hatten,
lässt sich heute kaum noch beschreiben.
Wohl am deutlichsten dargestellt werden kann die damalige Situation durch
die Wiedergabe der Klagschrift des Herzogs Friedrich Ulrich, welche dieser
am 05. September 1625 an den Kaiser richtete. Er sagt in derselben:
Das Kriegsvolk des Generals Tilly hat "meine armen Unterthanen (die
ohne das die vorherigen Jahre her ganz erschöpft) feindseligerweise
urplötzlich ungewarneter Sachen und wie ein Wetter überfallen, die
armen wehrlosen Leute überrascht, in ihren Häusern, auf den Wegen
in Holz und Felde, mit Weib und Kindern erbärmlich niedergehauen,
zermetschet, darunter der Sechswöchnerinnen, Kindbetterinnen und kleinen
Kindern nicht verschonet, deren etliche den Müttern an den Brüsten
getötet, den Priestern, die sich vor ihnen nicht verstecken können,
unsäglichen Schimpf und Marter angethan, teils tot geschlagen, darunter
auch armer alter lahmer Krüppel in den Spitälern nicht verschonet,
sondern dieselben greulicher Weise gemartert und getötet, auch einem
Weibsbilde (welches und alles andere mit lebendigen Zeugnissen zu beweisen)
die Zungen aus dem Halse gerissen, anderen die Zunge im Munde gespaltet,
anderen härene Stricke um die Köpfe gewunden, überstark zugewiegelt
und durch solche Marter, wo sie Geld vergraben hätten, befraget; Ämter,
Klöster, Städte, adelige Häuser, Flecken und
(1) Roth, Otto, a. a. O., S. 85, Anmerkung
127
(2) Freitag, Friedrich: Geschichtsbilder aus dem Ambergau, Bockenem 1961,
S. 100/101
Chronik, Seite 52
Dörfer ganz ausgeplündert,, Kisten, Kasten, Schäppe und alles
aufgehauen, alle Pforten, Fenster, Stühle und anderer Hausrat
zernichtigt, aus-
und entzwei geschmissen, was an Fleisch, Butter, Käse, Eiern und anderen Victualien
vorhanden gewesen, wenn sie sich damit gefüllet gehabt, in Kot getreten; den Fässern
mit Wein, Most, Bier, Broihan und anderem Getränke den Boden ausgeschlagen und auf die
Erde laufen lassen; die Kirchen, Kapellen und Armenkasten aufgebrochen, den Kirchenornat an
Kelch, Patenen, Monstrantien, Messgewand, heiligem Zierrat neben allem anderen, so darin
befunden, herausgeraubt, die Altar- und Taufsteine profaniert, mit ihrem Unflat verunreinigt,
die Messbücher zerrissen, in die heilige Bibel und andere Bücher salva venia
gehofieret; die Flügel der Altäre, Orgeln und Kirchenstände
entzwei gehauen, die
Gräber eröffnet und durchsuchet, das Kupfer und Blei von Kirchtürmen abgedecket
und weggenommen, etliche schöne Bibliotheken verbrannt; ehrbare Frauen und Jungfrauen
genotzüchtigt, auch auf offener Gassen dessen sich nicht gescheut noch geschämet,
ja auch mit etlichen auf den toten Körpern ihre Schande getrieben, auch also, dass etliche
darunter des Todes worden; ganze Flecken und Dörfer ausgebrannt und in die Aschen gelegt;
die Leute im Felde bei ihren Arbeitern niedergehauen; dass kein Korn einbringen, sondern alles
im Felde (woraus unmenschliche Hungersnot zu besorgen) stehen lassen müssen; die armen
Leute in den Gehölzen, dahin sie sich zur Rettung ihres und ihrer Weib und kleinen Kind
bloß überhaltenen Lebens retirieret, gleich den wilden Tieren verfolget und
niedergemetschet, womit dann bishero täglich (unangesehen der Herr General
vorgibt, dass
es wieder seinen Willen geschehe) dermass continuieret, dass der größere
Teil meines Landes über 12 Meile Weges in der Länge und zu 6 und 7 in der Breite
ganz und dermaßen ruiniert, dass seit Menschenlebzeiten sichs nicht wieder erholen
können. Dessen ungeachtet und obwohl die Früchte aufgezehret sind, der Acker
ungepflügt liegt, und das Volk dem Hungertode entgegensieht, hat Tilly noch etliche
Tausend Fuder Korn und 300000 Thaler verlangt. Man hat in unserem Lande ärger gehaust,
denn in Böhmen oder in der Pfalz. Wir können nicht glauben, dass der Kaiser als
ein gütiger und frommer Herr an diesem Wesen Gefallen findet oder gar dasselbe anbefohlen hat,
besonders da das kaiserliche Schreiben nur eines bloßen Durchzuges gegen uns gedenkt".
(1)
Zu all diesem Ungemach kam doch die eigenartige Witterung und die durch
diese verursachte Missernte des Jahres 1625 hinzu. Das Jahr begann mit heftigen Stürmen.
Dann traf eine solche Wärme ein, dass Sommer und Winter vertauscht zu sein schienen. Im Januar
blühten die Blumen. Gegen Ende Februar wurde es wieder sehr kalt und um Pfingsten herum fiel
Schnee, der dem blühenden Korn verderblich wurde. Im Juni war es kälter als im Januar und
fortan blieb es den ganzen Sommer über windig. Der dadurch einsetzenden Hungersnot folgte die
Pest. Die militärischen und wirtschaftlichen Drangsale wurden außerdem noch durch die
Kriegssteuern vermehrt.
Das Jahr 1625 und der Anfang des Jahres 1626 waren für Hahausen besonders verheerend, denn schon
damals wurde das Dorf zum Teil niedergebrannt.
(1) Günther, Friedrich: Der Ambergau, Hannover 1887, S. 110/111
Chronik, Seite 53
Die Bewohner flohen u. a. nach Rhüden, so "Margaretha Christoff Thofahls von Hahausen Frau so
verbrannd im Kriege anhero geflohen und gestorben". Sie wurde am 22. Januar 1626 in Rhüden begraben.
Auch Ann Wollersen, Lorentz Jordens und dessen Sohn Albrecht waren "des Krieges wegen" nach Rhüden
geflohen, wo sie im März 1626 verstarben, desgleichen Engel Lengemann, der
"anhero in Kriegswesen
geflohen". Andreas Sauerlandt, "Sauhirte aus Hahausen", starb 1626 in Rhüden vermutlich an Pest. Dann
kam 1626 die Schlacht bei Lutter am Barenberge, die im folgenden Kapitel eingehend behandelt wird. Von allen
Ortschaften der Umgebung wurde Hahausen am schwersten betroffen. So heißt es in einem Bericht aus dem
Jahre 1629: "Das Dorf ist zu Anfang des Krieges in Brand gesteckt und in Asche gelegt, die Leute seien teils
nachher verstorben; die noch am Leben, halten sich zu anderen Leuten seien teils nachher verstorben; die noch
am Leben, halten sich zu anderen Ämtern, da sie um das Brot gehen müssen, weil dieses Orts nichts
mehr vorhanden, damit sie das Leben hinhalten. Häuslinge, deren wohl 10, so
eigene Häuser hatten,
seien verstorben und verflogen, dass man nicht weiß, wer immer davon geblieben ist, ausgenommen 3,
die niedergeschossen worden". (1)
Neben den Drangsalen durch Menschen und durch die Natur wurden unsere
Vorfahren noch von Tieren geplagt. Die Wolfsplage nahm während
des Krieges überhand. Auch Bären gab es noch. So unternahm
Herzog Georg von Braunschweig-Lüneburg am 17. Oktober 1637 - also
mitten im Kriege - von Lutter aus eine Bärenjagd, wobei er drei
Bären und ein Wildschwein erlegte.
Hahausen kam nicht zur Ruhe. 1632 bis 1634 erfolgten Plünderungen
durch die Kürassiere Pappenheims, 1638 erschienen
braunschweigische und 1641 wiederum kaiserliche Kriegsscharen in unserer
Gegend.
Der Rat der Stadt Seesen berichtete unter dem 21. September 1633 an den
Herzog: "Die Bürgerschaft sei durch übermäßige
Kontribution und Exactionen ermattet, daher sei ihre Bitte um
Gotteswillen, der Herzog wolle dies beherzigen. Das arme Städtlein
sei in funditus ruiniert, die Dörfer seien ausgepaucht, die
Pferde und Kühe weggenommen; die Leute hätten keine
Schuhe an den Füßen; die Weibsbilder hätten ihre
Ehre nicht erhalten". Und der Amtmann zu Seesen berichtet:
"Befinde, dass in allen Dörfern, Gott erbarme es! die Meierhöfe,
Halbspänner- und Kothsassenhöfe still stehen, die übrigen
können die Kontribution nicht aufbringen". (2)
1634 starb Herzog Friedrich Ulrich und August der Jüngere führte
von 1635 bis 1666 die Regierung. Zwar schlossen die welfischen Fürsten
1642 Frieden mit dem Kaiser, doch war an eine Überwindung der Not
vor Beendigung des Krieges kaum zu denken. Hunger und Elend trieben manche
zu Raub und Mord. Besonders gefürchtet war ein Räuber und
kaiserlicher Parteigänger namens Lewin Sanner (Sander), von der
Bevölkerung "Nimmernüchtern" genannt. Nachdem
er mit seiner Bande lange Zeit sein Unwesen getrieben hatte, gelang es
einer Schar Bauern und braunschweigischer Soldaten im Jahre 1641, ihn in
de´m später nach Sander genannten Hohlweg "Nimmernüchtern"
im Nauerberg zu fangen. Er wurde in Hildesheim hingerichtet.
(1) Rauls: Von Landsknechten und Marodeuren, In: Beobachter, Seesen, 1968
(2) Günther, Friedrich, a. a. O., S. 123
Chronik, Seite 54
Auch die Harzschützen machten von sich reden. Diese aus Bewohnern der
Harz- und Harzrandorte rekrutierte Bande plünderte, wo sie nur
konnte.
Waren es bisher meist kaiserliche und ligistische, Doch auch dänische
Truppen gewesen, unter denen Hahausen zu leiden hatte, so waren es seit
1642 meist schwedische.
So verlangte das Amt Lutter von der fürstlichen Regierung zum Schutz
vor schwedischen Durchmärschen einer Schutzwache. Eine solche Wache,
aus einem Korporal, einem Gefreiten und 12 Mann bestehend, wurde am 30.
April 1644 dem Amt zugewiesen. Ob diese 14 Mann wirklich die
durchziehenden Schweden von Übergriffen abhalten konnten, sei
jedoch dahingestellt. Jedenfalls musste auch Hahausen für diese
Schutzwache gehörig zahlen. Da aus der ausgebluteten Landbevölkerung
kaum noch herauszuholen waren, wurden die Dienstleistungen erhöht. Sie
stiegen im Braunschweigischen von 14 Tagen im Jahre 1478 auf 104 Tage im
Jahre 1645. Außerdem hatte das Amt Lutter, also auch Hahausen, laufend
Einquartierungen aufzunehmen und zu unterhalten, so besonders
braunschweigische Truppen von 1642 bis 1647 (1).
Als im Jahre 1648 in Münster und Osnabrück Frieden geschlossen war
und sich die Wogen des Krieges allmählich verliefen, fanden sich die
versprengten Einwohner von Hahausen zum Teil wieder zusammen, aber sie waren
so arm, dass sie ihre Kirche beim besten Willen nicht instand halten konnten.
Infolgedessen konnte im Winter bei Schnee und Regen oft kein Gottesdienst
gehalten werden.
Wer jedoch annehmen sollte, dass unsere Vorfahren jetzt zur Ruhe gekommen
wären, der hätte sich erheblich geirrt. Das Dorf wurde auch jetzt
noch von Räubern heimgesucht. So beschwerten sich die Einwohner von
Hahausen, besonders Hanß Meyer, im Jahre 1648 über den Räuber
Hanß Müller, der zusammen mit einem anderen Räuber, Hanß
Jüngeling, ihnen "Viele beschwerliche Dinge" angetan hatte. Müller
trieb sein Wesen im Amte Lutter bereits seit 1645.
Man versuchte jedoch, die Folgen des Krieges zu überwinden und so gut
wie möglich einzurichten. Ehen wurden geschlossen und Kinder wurden geboren.
Es ging langsam wieder aufwärts. Doch nicht nur eheliche, sondern auch
uneheliche Kinder erblickten das Licht der Welt. Nicht immer war der Kindesvater
bereit, die uneheliche Mutter zu heiraten. Dann schaltete sich das Amt Lutter ein
und sorgte für einen "Gütlichen Vergleich", wie er z. B. im Jahre 1660
zwischen den Angehörigen zweier alter hahäuser Familien geschlossen
wurde. Im Sommer des Jahres 1652 wanderte ein Zeichner namens Conrad Buno durch
die braunschweigischen Lande. Er fertigte im Auftrag des Frankfurter
Verlaghauses Matthäus Merian Zeichnungen an, die zwei Jahre
später, 1654, in einer kostbaren Topographie gedruckt und auch
in Ein- oder Zweiblattdrucken verbreitet wurden. So zeichnete er auch
ein Landschaftspanorama von überraschender Genauigkeit, das er
"Lutter am Barenberge F.B.L.Ambthauß" nannte. Im Zentrum des
Bildes sehen wir das "feste Haus Lutter", das fürstlich
(1) St. A. Wob. 8 Alt Lu 437
Chronik, Seite 55
braunschweigisch-lüneburgische Amtshaus, wä,hrend im Hindergrund links die
Harzberge und rechts die Osterköpfe eingezeichnet sind. Außer Nauen erkennen
wir, am Fuße des Langenberges, einige Häuser von "Hahaußen". Wir haben
damit also die älteste Abbildung des Dorfes vorliegen. In der Merianischen
"Topographia Germaniae" finden wir dazu folgenden seltsamen Text: "Oben Hahusen / nacher
Seesen werts / an der rechten seiten / ligt der Bahrenberg / davon das Amt den Nahmen
Lutter am Bahrenberge hat / wird auch der Langenberg genannt; An der
linken seiten
gegen über / Hat man den kleinen Bakenberg in diesem Amte / und allernechst dabey
den großen Bakenberg im Ampt Seesen / dahero die Irrung folget / daß hiesige
Ampt auch Lutter am Bakenberg / von etzlichen geschrieben und genennet wird".
1661 wurden Meierbriefe für Land am Kuhlager ausgeteilt. Am 30. September 1663 hatte
Hahausen 133 (nach anderer Lesart 123) Einwohner über 5 Jahren, wie ein "Verzeichnis
der Hahüschen So über 5 jahren sein" aussagt.
Von 1666 bis weit in das folgende Jahrhundert hinein hatte das Amt Lutter
immer wieder Einquartierungen. Es mussten "Haber", "Broyhan",
"Brandtwein" usw. geliefert werden. In Hahausen lagen
"Reuter" und Knechte hauptsächlich auf dem Illers´schen Hofe. 1669/71 gab es
einen (Seesener) Bürger und Gastwirt Franz Ahrens in Hahausen. 1682 waren Heinrich Schott
und Joachims Kolthamer Bauermeister.
Aus den Jahren 1663 bis 1688 sind wiederholt so genannte "Vieh
Beschreibungen der Unterthanen des Ambtes Lutter am Barenberg" (1)
erhalten, die zu Steuerzwecken erstellt wurden, uns heute aber genaue
Auskunft über den Viehbestand der damaligen Hahäuser
Einwohner geben. Die Zahl der Pferde schwankte in den Jahren nach 1663
zwischen 5, die Henni (Henning) Illers besaß und 1 von Andresas
Rüthy, die meisten Kühe hatten Steffen Meyer und der
"Hagen-Reuter" Barttlingck, nämlich 6, zu denen bei
Barttlingck noch 3 Rinder kamen. Barttlingck und einige Bauern hielten
auch ein paar Ziegen. Die Zahl der Schweine schwankte zwischen 9 (Barttlingck)
und 1. Insgesamt hielten die Hahäuser um 1664 (?) 67 Pferde, 1 Fohlen,
87 Kühe, 37 Rinder, 8 Ziegen und 78 Schweine, immerhin bereits wieder eine
stattliche Anzahl. Dafür mußten 62 Taler und 23 Groschen an Abgaben
entrichtet werden.
1671 wurden alle Groß- und Kleinkotsaßen aus den umliegenden Ätern
"nebst einem Bauermeister, welcher diese Leute liefere und zur Arbeit antreibe" nach
Braunschweig geholt, um vor dem Wenden- und Fallersleber Tore Schanzen und Werke zu
demolieren. Sie mussten Spaten, Schaufeln und Barten mitbringen, In diesem
Jahre 1671 entstanden den Hahäusern wiederum erkleckliche Unkosten an
Einquartierungen. Im Jahre 1675 wurde eine "Harzkompanie" zum Schutze der
Bergwerke
und Bergstädte aufgestellt, wie dies von hannoverscher Seite bereits 1673
geschehen war. An der Spitze der Kompanie stand Hauptmann Gerd Heise aus
Gandersheim, die Mannschaften wurden aus den "wohl
beschossenen" Leuten der unterm
Harz liegenden Dörfer genommen. Die Kompanie hatte viele Deserteure.
Um 1680 erfolgte die Rodung weiter Teile der Hahäuser Feldmark.
(1) ST. A. Wob. 8 Alt Lu
144
Chronik, Seite 56
Nachdem 1676/78 der Försterhof erbaut worden
war, wurde Schritte zur Bekämpfung der Wolfsplage, unter der Hahausen besonders
litt,
unternommen. Darüber berichtet eine Akte aus den Jahren 1677 bis 1689
(1). So wurde
1685 ein "Wolfsgarten vor dem Dorfe Hahausen" angelegt, zu dessen Errichtung und
Unterhaltung die Hahäuser beisteuern mussten. Wir haben diesen Wolfsgarten in der
Nähe des Bulwergalgens zu suchen. Wolfsgärten waren eingezäunte
Waldstücke, die mit Durchgängen versehen waren. In diesen Waldstücken
hängte man Kadaver von verendeten Vieh auf, um die Wölfe abzulocken. Von
versteckten Ansitzen aus wurde diese dann abgeschossen oder auch eingefangen.
1682 gab es in Hahausen neben einem "Höker" Christopfh Henni Heßen, der
auch Krüger war, zwei Schneider, nämlich Casebaum und Jost Sander.
"Heinrich Schoff (oder Schott) zu Haahusen, ein Vollköther" war auch Schlachter.
Von Heinrich Rühmann, einem Vollköther und Rademacher, heißt es: "hat
keine Gilde, gibt dem Handwerk nichts". Von Wilhelm Sandvoß, einem
"Häusling",
wird berichtet: "ist ein Grobschmied, hält die Gilde mit den Meister zu Seesen.
Zur Contribution gibt er nichts vom Handwerk". "Christoph Schladebusch, ein
Vollköther in Hahausen und Grobschmied, hält zu Seesen, gibt dem Handwerk
auch nichts". Böttcher waren in Hahausen noch nicht vorhanden, doch heißt es:
"Heinrich Tohfall, ein Häusling zu Hahausen ist Leineweber". Auch Marcus Tohfall
übte diesen Beruf aus. (2)
Am 18. Februar 1865 war eine Kompanie Soldaten in Hahausen einquartiert.
An Kosten entstanden den Einwohnern insgesamt 14 Reichstaler und 23
Mariengroschen. Im März 1689 erfolgte der Durchmarsch des Bataillons des Oberstleutnants
von Brachleben und der Artillerie auf dem "Marsch nach dem rein". Bei Wilhelm Sandvoß
war der Feldscher einquartiert, bei Andreas Meyer der "Captain armes", zum Vorspann mussten
24 Pferde gestellt werden. Im Mai 1689 lag das Leibregiment zu Ross, das sich, wie die
schon vorher durchmarschierende Infanterie, auf dem Weg in den Krieg gegen Frankreich befand,
im Amt Lutter. In Hahausen lag die Kompanie des Obersleutnants von Bestenböstel (3).
Die langwierigen Kämpfe gegen die Türken und gegen Ludwig XIV., den König von
Frankreich, dessen Truppen 1681 Straßburg erobert hatten und nun in die deutsche
Rheinpfalz eingefallen waren, verlangten auch vom Land Braunschweig und dessen Söhnen
Opfer. Es wurden sowohl Mannschaften ausgehoben wie auch Freiwillige angeworben. Diese
Freiwilligen, meist zweite oder dritte Bauernsöhne, die keine Aussichten hatten, den
elterlichen Hof zu übernehmen, gingen eben zu den Soldaten. So auch Barthold Kolthamer
aus Hahausen, der von 1692 bis 1699 bei der Leibkompanie diente, am 14. November 1699
entlassen wurde und ein Zeugnis seines Wohlverhaltens erhielt.
(1) St. A. Wob. 8 Alt Lu 244
(2) St. A. Wob. 8 Alt Lu 293
(3) Kalthammer, Wilhelm: Auch Seesen und Umgebung hatte Einquartierung.
Das Leibregiment zu Pferde Graf von Ostfriesland im Reichskrieg gegen
Frankreich 1688 - 1697. In: Beobachter, 23.09.1967
Chronik, Seite 57
In der Zeit vom 28. März bis 30. April 1697 lagen wiederum Dragoner in Hahausen, doch
kam es 1697 zu keinen größeren Aktionen mehr in den Feindseligkeiten mit Frankreich.
1697 wurden Friedenskonferenzen eingeleitet, die zu einem Waffenstillstand und zum Frieden von
Ryswick führten. Die braunschweigischen Truppen kehrten in die Heimat zurück.
Nach dem Friedensvertrag mit Frankreich schürte jedoch der französische Gesandte in
Wolfenbüttel, Marquis d´ Usson, das Feuer im Streit Braunschweig-Wolfenbüttels mit dem
stammverwandten Hannover (1). Dieser Streit hatte sich um die Verleihung der Kurwürde an
Hannover entwickelt, die die Braunschweiger Herzöge auch gern für sich in Anspruch
genommen hätten.
Das Jahrhundert, das mit Kriegsvorbereitungen begonnen hatte, endete
auch wieder mit solchen. Die Lasten musste, wie immer, die Bevölkerung tragen.
Sei noch vermerkt, dass im Jahre 1692, nach dem Brand der Pfarre in
Lutter, bei dem alle Unterlagen verloren gingen, ein neues Kirchenbuch
angelegt wurde, das auch für Hahausen gültig war und somit das älteste
Familienstandsregister des Ortes darstellt.
(1) Kalthammer, Wilhelm: Ein
Bruderzwist im Hause Braunschweig. In: Beobachter, Seesen, 14.10.1967
Chronik, Seite 58
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