Liebe Leserin, lieber Leser,
die Verkäuferin reicht meinem Sohn Ole eine Scheibe Wurst über die Theke
hinweg. Noch bevor der sie mit Genuss in den Mund stecken kann, ermahne ich
ihn: „Wie sagt man, Ole?“ – „Danke!“ Ich muss schmunzeln. So war das schon,
als ich ein Kind war. Offensichtlich brauchen wir immer wieder jemanden, der
uns darauf hinweist, dass es gar nicht
so selbstverständlich ist, etwas
geschenkt zu bekommen.
So eine Erinnerung im Laufe des Jahres ist das Erntedankfest. Erntedank
erinnert uns daran: „Du bist beschenkt. Für dein Leben ist
gesorgt.“ Die Kartoffeln und Karotten, die Äpfel und Kürbisse, der
Salat und die Nüsse vor dem Altar, sie alle führen uns vor Augen: Dein Tisch
ist gedeckt. Du hast, was du zum Leben brauchst und noch viel mehr. Nimm
diesen Tag als Gelegenheit zu einer kleinen Bilanz für all das Glück, das du
hattest und hast. Und führe dir vor Augen: Darauf gibt es keinen
Anspruch.
Man kann das Glück nicht kaufen, aber man kann darüber staunen. Man kann
darüber staunen, dass man am Morgen
neben einem geliebten Menschen aufwacht und einen
neuen Tag erleben darf. Vielleicht denkt einer daran zurück, wie er
nach der schweren Operation aus der Narkose aufwachte und feststellte, dass
er noch lebte.
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Und die andere erinnert sich, wie sie dem
Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden PKW haarscharf entgangen ist.
Beides ist genauso wenig selbstverständlich wie die Liebe und die
Freundschaft, die wir empfangen, und die Sonne und der Regen, den unsere
Landwirte brauchen, um säen und ernten zu können.
Es ist genauso wenig selbstverständlich, dass du eine Arbeitsstelle hast
oder dass deine Rente regelmäßig auf deinem Konto eingeht. Tief im
Innern wissen wir es: Trotz aller
unserer Mühe und Vorsorge. Es
hätte auch alles anders kommen können und wir würden heute mit leeren
Händen dastehen.
Es stimmt: Ich bin
beschenkt. Für mein Leben ist gesorgt. Mein Tisch ist gedeckt. Ich
habe, was ich zum Leben brauche und noch viel, viel mehr. Dein Leben ist von
Gott gesegnet. Darum nimm den
Erntedanktag und sag Gott „Danke!“
Pastor Sebastian Schmidt
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